RECONQUISTA

  • Denkfabriken und Nichtregierungsorganisationen

     

    Der amerikanische Präsident — der mächtigste Mann der Welt? Spätestens seit der überraschen-den Wahl des US-Präsidenten Donald Trump wurde deutlich, daß dieses oft bemühte Bild der Weltpolitik nur einen Ausschnitt aus der Realität zeigt. Zugleich wurde mit Amtsantrítt Trumps deutlich, daß die Führung der USA nicht identisch ist mit der Führung der Neuen Weltordnung. Denn ganz offensichtlich brach der neue Präsident mit Leitlinien der One-World-Strategie, die auf globalen Handel setzt und als Fernziel die Installation einer Weltregierung anstrebt, wobei vor allem Migration als Waffe zur Schwächung von Staaten genutzt wird: Trump ergriff dagegen Maßnahmen zur Eindämmung der illegalen Einwanderung von Mittelamerika in die USA. Er erhob Einfuhrzölle auf Produkte aus Europa und Asien. Und schließlich bemühte er sich, zumindest zeitweise, um ein besseres Verhältnis zu Rußlands Präsident Wladimir Putin und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un. Zu groß war auch der Widerstand der weltweiten Medien und Institutionen gegen Trump, als daß man noch von einer Übereinstimmung der US-Regierung mit der klassischen Politik Amerikas als Repräsentant der Neuen Weltordnung sprechen kann.
    Aber dennoch kann keine Rede davon sein, daß mit der Wahl Trumps ein Paradigmenwechsel – weg von der Neuen Weltordnung zu einer Nationalstaatspolitik - stattgefunden hätte, der nicht nur Amerika, sondern die gesamte Welt betrifft. Daß diese angesichts der poli-tischen Stärke der USA und der offensichtlich abweichenden Ausrichtung ihres Präsidenten zu erwartende Trendwende in der Weltpolitik ausblieb, verdeutlicht, daß nicht in erster Linie Staaten und ihre Präsidenten, sondern andere Akteure die globalen Geschehnisse beeinflussen oder gar lenken.
    Eine wichtige Rolle spielen dabei Organisationen, die oft hinter den Kulissen der offiziellen Politik auf Entscheidungsprozesse einwirken. Unter diesen sind zum einen regierungsnahe Institutionen zu nennen, die als sogenannte „Think Tanks“ politische Strategien entwerfen und gegenüber der Regierung eine beratende Funktion einnehmen.
    Daneben existiert aber auch eine sehr große Zahl von Interessenverbänden, die als zivilgesellschaftlich entstandene Vereine oder Vereinigungen vor allem im Bereich sogenannter humanitärer Projekte tätig sind. Diese werden als die klassischen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wahrgenommen, wie sie von der UN deklariert wurden: „Private Organisationen, die durch ihre Aktivitäten versuchen, Leid zu mindern, die Interessen der Armen in der Öffentlichkeit zu vertreten, die Umwelt zu schützen, grundlegende soziale Dienste zu leisten oder Aktionen für Entwicklungsvorhaben zu initiieren.“
    Entgegen ihrer Außendarstellung verfolgen viele dieser Vereinigungen aber keineswegs nur humanitäre, sondern vor allem politische Ziele.
    Ein eindrucksvolles Beispiel wie vermeintlich humanitäre private Vereine Weltpolitik mitgestalten, ist die Tätigkeit der Seenotretter im Mittelmeer, die offiziell Menschen vor dem Ertrinken retten. Inoffiziell aber ist ihr Ziel, an der Schleusung von Migranten von Afrika nach Europa tatkräftig mitzuwirken. Der bekannteste Förderer der verdeckt politisch agierenden NGOs ist der Milliardär George Soros, der sich mit seiner Stiftung „Open Society Institute“ (OSI - „Institut Offene Gesellschaft“) vor allem in der Flutung Europas mit Millionen sogenannter Flüchtlinge engagiert. In Berlin wird derzeit eine von Soros betriebene Privatuniversität installiert, die künftige Eliten auf Kurs bringen soll.
    Eng verknüpft mit der „Open Society Foundation“ von George Soros ist das „National Endowment for De-
    mocracy“ (NED). Über diese NED urteilt William Engdahl in seinem Buch „Die Denkfabriken“: „Zusammen mit der regierungseigenen NGO ‚Freedom House‘ und verschiedenen lokalen Ablegern von Soros‘ ‚Open Society Foundations‘ war das NED ab dem Jahr 2000 zentral an jeder wichtigen vom US-Außenministerium unterstützten Destabilisierungsorganisation – genannt ‚Farbrevolution‘ – beteiligt: in Jugoslawien, in der
    Ukraine, Georgien, Weißrussland, Iran, China, Myanmar und Venezuela sowie beim Arabischen Frühling in Tunesien, Ägypten und Syrien.“ Bei den von Soros unterstützten Aktionen sei es nie um Demokratie gegangen, sondern vielmehr darum, „zögerliche Länder unter die Kontrolle Washingtons“ zu stellen, und zwar „stets im Interesse einer einheitlichen globalisierten Welt, dominiert von Washington und der Wall Street. Ihr Einsatz für Menschenrechte war nur ein Instrument der Washingtoner Außenpolitik, Menschenrechte wurden auf den Kopf gestellt“.

    Think Tanks und die Ausrichtung
    der US-Politik

    Vor allem in den USA spielen Denkfabriken seit Jahrzehnten eine bedeutende Rolle bei der Gestaltung der Weltpolitik. Der wirkungsvollste der hier wirkenden Geostrategen war lange Zeit der Amerikaner Zbigniew Brzezinski, der von 1977 bis 1981 als Sicherheitsberater des US-Präsidenten Jimmy Carter fungierte und 1997 in seinem Buch „Die einzige Weltmacht“ die künftige geopolitische Strategie der USA vorwegnahm. Umstritten ist Brzezinskis Einfluß als Professor an der John-Hopkins-Universität in Baltimore auf den vorgeblich liberalen US-Präsidenten Barack Obama. Als wichtigste Aufgabe der USA bezeichnete Brzezinski die Rolle eines Weltpolizisten, die die Welt mithilfe eines globalen Ordnungssystems, in das sowohl Nato als auch internationale Finanzinstitutionen eingebunden wären, kontrollieren sollte. 
    Brzezinskis Lehrsetz lautet in Anlehung an die „Herzland-These“ des britischen Geostrategen Halford Mackinder (1861-1947: „Wer Eurasien beherrscht, kon-
    trolliert das Herzland“), daß die USA als einzige verbliebene Weltmacht alles daran setzen muß, einen Konkurrenten, der nur in Eurasien entstehen kann, zu verhindern. Dazu sei vor allem die Kontrolle Deutschlands, des wichtigsten „Vasallen“ der USA, wie er es wörtlich formuliert, sowie die Eindämmung des russischen Einflusses erforderlich. Eine große Rolle spiele dabei
    die Ukraine, deren Herauslösung aus dem russischen Machtbereich Rußland entscheidend schwächen würde.  Und auch der Iran, einer der Gegner der USA im Syrien-Konflikt, könnte als potentieller Verbündeter Chinas und Rußland eine US-feindliche Rolle einnehmen. Genau diese beiden kriegerischen Prophezeiungen Brzezinskis sind heute Realität, und es fällt schwer, nicht an einen Zusammenhang zwischen den „Empfehlungen“ des Geostrategen und der tatsächlichen US-Politik zu glauben.  
    Allerdings könnte die Rolle der USA als Weltpolizist ihrem Ende entgegen gehen, wenn der neue US-Präsident Trump tatsächlich seine Ankündigung umsetzt, sich aus internationalen Konflikten zurückziehen zu wollen. Das aber bedeutet nicht das Ende der Neuen Weltordnung. Denn bereits 1997 deutete der mit seinem Weltbestseller „Clash of Civilisations“ wohl bekannteste Geostratege Samuel Huntington eine Alternative zur derzeitigen Politik an. Ihm zufolge wäre die Macht der USA und des Westens in naher Zukunft bedroht: Nach zwei Jahrhunderten westlicher Dominanz würden zum einen aufstrebende Wirtschaftsmächte Asiens, vor allem China und Indien, andererseits aber auch bevölkerungsreiche islamische Staaten die Weltpolitik künftig mitgestalten wollen. Die einzige Möglichkeit der Aufrechterhaltung der westlichen Vorherrschaft sei eine Geopolitik der Macht, in der die USA gemeinsam mit europäischen Partnern die westlichen Werte wie Demokratie verteidigen sollten. Zwar sah auch der ehemalige Clinton-Berater und Mitarbeiter des Council on Foreign Relations die USA als vorherrschende Macht an, allerdings war sein Bezugspunkt der Westen.
    Eine wichtige Rolle im Kontext der Denkfabriken spielt stets auch Israel. 2007 warf der US-Politikwissenschaftler John J. Mearsheimer den auch viele jüdische Mitglieder umfassenden Think Tanks vor, eine wichtige Rolle bei der Beeinflussung der öffentlichen Meinung wie auch der eigentlichen Politik zugunsten Israels zu spielen. Sein mit Co-Autor Stephen Walt verfaßtes Buch  „The Israel Lobby and U.S. Foreign Policy“ (Die Israel-Lobby und die US-Außenpolitik) wurde zum Bestseller, stieß aber bei den US-Eliten zumeist auf heftige Kritik.

    Neuausrichtung unter Barnett?

    In den letzten Jahren ist es vor allem Thomas Barnett, der wichtige Impulse für eine geopolitische Neuausrichtung beisteuert: Bereits vor dem Anschlag im September 2001 auf das World Trade Center in New York hatte Barnett, ähnlich wie Huntington, den radikalen Islam als künftigen Hauptfeind der Weltmacht USA dargestellt. Nach den Ereignissen des 11. September 2001 spielten die geostrategischen Erkenntnisse Barnetts dann eine wichtige Rolle in der Strategie des damaligen US-Verteidigungsministers Donald Rumsfeld.
    In seinem ersten bedeutenden Buch, „The Pentagons New Map“ analysierte Barnett 2004 die Erfolge und Fehler der USA als globaler Führungsmacht und entwarf erstmals die Unterscheidung der Welt in einen funktionierenden Kern („Core“) und eine problematische Kluft („Gap“), die es zu schließen gilt. Dabei bezeichnete der Geostratege die Vorstellung eines amerikanischen Weltreiches ebenso als Mythos, wie den Vorwurf einer egoistischen US-Politik. Vielmehr seien die USA eine Art Primus inter Pares in der Schaffung einer besseren Welt für jedermann: „universal inclusiveness and global peace“ lauteten seine Schlagworte. Dazu müsse, so Barnett, weltweit eine freie Zirkulation von Menschen, Waren und Finanzmitteln erreicht werden. Besonders perfide ist hier seine Behauptung, daß alle Kriege und Probleme in der Zone der Kluft stattfinden würden und somit eine Verringerung dieser Zone zu weniger Kriegen und mehr Wohlstand führen würde. Die Verantwortung der USA für diese Konflikte der Kluft spart Barnett dabei völlig aus. 
    Während das erste Buch primär einen grundsätzlichen Überblick über die Ziele der angestrebten Globalisierung aus militärischer Sicht vorstellt, geht Barnett in „Blueprint for Action“ (2005) mehr ins Detail. Als „Eine Beschreibung der Reise“, eine „Darlegung der wesentlichen auf uns zukommenden Aufgaben“ und eine Auflistung der Regeln und Institutionen, die errichtet werden müssen, um „den Frieden zu erreichen“, bezeichnet Barnett selbst den Inhalt dieses Buches.
    In „Great Powers - the world after Bush“ stellt Barnett vor allem eine Zusammenfassung der Geschichte der USA und ihrer Erfolge sowie Mißerfolge vor. Mit seiner Einschätzung der zunehmenden Rolle der neuen Wirtschaftsmächte Indien und China erinnert er an Huntington, hat aber eine weitaus optimistischere Prognose zur Hand: Der Aufstieg dieser Staaten führe zu ihrer automatischen Amerikanisierung; selbst wenn der Einfluß der USA sinke, wäre die Idee der USA damit lebendig — genau das sei die Quintessenz der Globalisierung, in der es nicht um Staaten, sondern um Ideen gehe; allerdings um Ideen, die jeden noch klar Denkenden ebenso erschaudern lassen wie jeden Anhänger der Vorstellung eines biologisch gewachsenen Planeten.
    Ein bis in die heutige Zeit wirkender Politikberater ist auch Robert Kagan, Mitbegründer der neokonservativen Denkfabrik „Project for the New American Century“ (PNAC), Aufsichtsrat der „Foreign Policy Ini-tiative“ und Seniorpartner der Denkfabrik „Carnegie Endowment for International Peace“, wo er das „U.S. Leadership Project“ leitete. Bis 2012 war er Berater der republikanischen Präsidentschaftskandidaten. Mit der Präsidentschaftskandidatur Donald Trumps, dem er Faschismus vorwarf, verließ er die Republikaner und kündigte öffentlich eine Unterstützung Hillary Clintons an. 
    Im Februar 2017 warnte Kagan in einem Artikel der Zeitschrift „American Foreign Policy“ vor dem möglichen Eintritt des Dritten Weltkrieges angesichts des exzessiven territorialen Expansionismus und des wachsenden Militarismus der russischen Hegemonialpolitik. Auch China, das er mit „revisionistischen Mächten wie Nazi-Deutschland oder Japan“ verglich, sei eine Gefahr. Für ihn nutzen solche Mächte, die mit der etablierten internationalen Ordnung unzufrieden sind, die Schwäche und Nachlässigkeit westlicher Demokratien, um eine nationalistische, militaristische und immer kriegerischere Haltung einzunehmen.Mit seiner Rhetorik gegen jede Form des Nationalstaates nahm Kagan die derzeitige Bekämpfung alles Nationalen vorweg, die derzeit nicht nur in Deutschland, aber hier besonders, auf allen Ebenen betrieben wird

    Council on Foreign Relations, Atlantikbrücke, Trilaterale Kommission und Bilderberger

    Robert Kagan war zudem Mitglied in einer der wichtigsten US-Denkfabriken: Dem bereits 1921 in New York von Edward M. House in Zusammenarbeit mit den deutschstämmigen Bankiers Paul M. Warburg und Otto Hermann Kahn  gegründeten „Council on Foreign Relations“ (Rat für auswärtige Beziehungen). Die Denkfabrik war Karriereleiter für zahlreiche Politiker und Politikberater: Brzeziński saß hier im Vorstand, ebenso wie George Bush, CIA-Direktor Allan Dulles und US-Außenminister Henry Kissinger. Mit George Soros war auch einer der einflußreichsten heutigen NGO-Protagonisten einst führend im CFR tätig.
    Der 1952 gegründete deutsche CFR-Ableger „American Council on Germany“ (ACG) gilt als Schwesterorganisation der „Atlantik-Brücke“. Beider Ziel ist die Verbesserung der Beziehung zwischen den USA und Deutschland, wobei aber einseitig den Interessen der USA zugearbeitet wird. Wer in Deutschland ganz nach oben kommen will, sollte Mitglied der „Atlantik-Brücke“
    gewesen sein.
    In Zusammenarbeit mit dieser wurde 1973 auf Initiative des amerikanischen Geschäftsmannes John Diebold das „Young-Leader-Program“ des ACG ins Leben gerufen, unter deren Absolventen sich viele bekannte deutsche Politiker finden: Ex-Bundespräsident Christian Wulff, Bundesbankpräsident Jens Weidmann, Ex-Grünen-Chef Cem Özdemir, der ehemalige deutsche Bundesminister des Inneren Thomas de Maizière sowie eine Reihe sehr einflußreicher amerikanischer Politiker, Berater und Geschäftsleute. Im Jahr 2007 gründete der ehemalige deutsche Außenminister Joschka Fischer gemeinsam mit anderen prominenten Europäern einen weiteren, diesmal europäischen Ableger des CFR, das „European Council on Foreign Relations“.
    Eine weitere einflußreiche Denkfabrik ist die 1973 auf Initiative von David Rockefeller gegründete private, politikberatende Denkfabrik „Trilaterale Kommission“. Die Kommission ist eine Gesellschaft mit ca. 400 höchst einflußreichen Mitgliedern aus den drei großen internationalen Wirtschaftsblöcken Europa, Nordamerika und Japan sowie einigen ausgesuchten Vertretern außerhalb dieser Wirtschaftszonen. Auf diesem Weg verbindet die „Trilaterale Kommission“ erfahrene politische Entscheidungsträger mit dem privaten Sektor. Ziel ist eine verbesserte Zusammenarbeit der drei Wirtschaftsmächte.
    Auch hier war Zbigniew Brzeziński federführend als erster Direktor dieser „Kommission“. 1981 kehrte er in diese Einrichtung zurück und hatte dort bis 2009 eine führende Rolle inne.
    Umrahmt werden agierende Politiker und Denkfabriken von der sogenannten „Bilderberger-Konferenz“, einer jährlichen Zusammenkunft der Eliten dieser Welt, die auch direkt für die Gründung der Trilateralen Kommission im Jahr 1973 verantwortlich war.
    Zwischen 130 und 140 Frauen und Männer aus mehr als 20 Ländern gehören zu der Runde mit wechselner Zusammensetzung, darunter Politiker, Unternehmer, Könige, Journalisten, Militärs und Geheimdienstler, vorwiegend aus den USA, Europa und Kanada. „Die Teilnehmer der Bilderberger-Konferenzen“, so Autor Peter Orzechowski, „lesen sich wie ein Who-is-Who der internationalen Elite.“ Den Namen verdankt das Treffen der ersten Zusammenkunft im niederländischen Hotel de Bilderberg in Oosterbeek auf Einladung des Prinzen Bernhard. Offiziell trägt die Veranstaltung, die nach Eigenaussage „Diskussion und Dialog fördern“ und damit künftige Kriege verhindern soll, gar keinen Namen und wurde bis vor wenigen Jahren auch in keinem Medium erwähnt, obgleich auch Journalisten anwesend sind. „Was hinter verschlossenen Türen besprochen wird“, so Autor Peter Orzechowski, „betrifft die politische Lage der Welt genauso wie die Wirtschaft. Aber es gibt keine Pressekonferenzen, nichts soll nach außen dringen.“ Bis heute gilt das Treffen als Ort, wo die künftige Weltpolitik entschieden wird... 

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