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    H.F.K. Günther: Vordenker nationalsozialistischer Verbrechen?

    Hitler empfängt Schacht

    Einer der bis heute bekanntesten und meist kritisierten Rasse-Forscher der Vergangenheit war Hans F. K. Günther. Der zur Abgrenzung von einem damaligen Forscher gleichen Namens auch „Rasse-Günther“ genannte gebürtige Freiburger hatte eigentlich vergleichende Sprachwissenschaft und Germanistik an der Uni­versität Freiburg studiert; aufgrund seines Interesses an der Biolo­gie besuchte der 1914 zum Dr. phil. promovierte Wissenschaftler jedoch auch naturwissenschaftliche Vorlesungen über Zoologie und Geographie sowie Vorlesungen des seinerzeit bekannten An­thropologen Eugen Fischer.

    Obgleich als „Vordenker des unheilvollen NS-Rassengedan­kens“ oft gescholten, erweisen sich die Schriften Günthers als ambivalent: Einerseits um strenge Wissenschaftlichkeit und eine politische Zurückhaltung bemüht, andererseits getragen von der Idee einer überlegenen „Nordischen Rasse“, die in ihrem Bestand gefährdet sei. Um diese zu schützen, forderte der 1935 zum or­dentlichen Professor für Rassenkunde an der Universität Berlin ernannte eine „Aufnordung“ des Volkes. Gleichzeitig aber lehnte er den Begriff „Arier“ in der Rassendebatte ab und war einer der ersten, der darauf hinwies, daß es „es kaum möglich sein wird, eine Rasse irgendwo auf der Erde als geschlossene Menschen­gruppe aufzufinden“, und es „reine Rassen“ wohl schon in der Steinzeit nicht mehr gegeben habe.1

    Diese Einschätzung wird heute durch die Wissenschaft bestä­tigt, die für die steinzeitlichen Europäer eine Mischung autoso­maler Gene annimmt. Allerdings – und dies wird zumeist unter­schlagen – bestehen gewichtige Gründe für die Annahme einer Rasseselektion im Güntherschen Sinne für den Zeitraum zwi­schen 20.000 und 10.000 v. Chr. im Gebiet des heutigen Doggerlandes zwischen Norddeutschland und Britannien. Dort dürfte eine Gruppe des europäischen Frühmenschen jene körperlichen Eigenschaften erworben haben, die dem Rassebild des von Gün­ther als „Fälischer Mensch“ bezeichneten entsprechen.2

    Als weitgehend zutreffend stellte sich auch seine Meinung her­aus, derzufolge der Charakter eines Menschen weitgehend durch Vererbung bestimmt wird.3 Günther als einen Vordenker der nationalsozialistischen Ras­senhygiene zu bezeichnen, weil er die Zwangssterilisationen von Menschen mit „minderwertigen Erbanlagen“ sowie Zwangsab­treibungen oder die Deportation von Kindern schwarzafrikani­scher französischer Besatzungssoldaten gefordert hätte, verkürzt das Wirken des Rassekundlers. Zwar unterbreitete der Forscher den Vorschlag, „die Gewährung von Fürsorgeleistungen und Versicherungsgeldern von der Einwilligung des Pfleglings zu seiner (ihm den Geschlechtsgenuß nicht hemmenden, nur die Fortpflanzung verhindernden) Unfruchtbarmachung abhängig“ zu machen.4

    Gleichzeitig betonte er aber auch, daß „jedes Volk und jeder Volksstamm ein Rassengemisch darstellt.“ Es komme, so Günther weiter, „einem Wahn gleich, ... ein ganzes Volk für die Einhaltung einer bestimmten Ausleserichtung auf lange Zeiträu­me hin zu gewinnen. Und wer sollte denn diese Ausleserichtung, das Zuchtziel, gewonnen aus den Erbanlagen aller in Deutsch­land vertretenen europäischen Rassen, bestimmen, wer anord­nen, wieviel Kinder diesem, wieviel jenem Deutschen zustehen? — Die Erzeugung einer „Deutschen Rasse“ ist keine Möglichkeit der deutschen Zukunft.“5

    Auf die „Hochwertung“ des Volkes bezogen, stellte er klar, daß diese sich „nicht gegen den einzelnen nicht-nordischen Volksge­nossen“ richte, „vielmehr soll dieser durchaus so hoch geschätzt werden, wie es ihm nach seinem Wesen und für seine Leistungen am Volksganzen zukommt; die Nordische Bewegung wird nur von dem nordischeren Volksgenossen eine höhere, vom minder-nordischen oder nicht-nordischen eine niedrigere Kinderzahl wünschen.“6

    Auch in Bezug auf die Behandlung des Judentums gehörte Günther zu den gemäßigten Vertretern. Er sah in der jüdisch-zi­onistischen Bewegung, die den Juden Europas in Palästina eine neue Heimstatt errichten wollte, die beste Lösung der damals so­genannten „Judenfrage“. Dabei betonte er, daß „jedes, in klarer Selbständigkeit lebende Volkstum seinen unverlierbaren, ein­maligen und unvergleichbaren Wert hat, den es nur durch den Willen zur klaren und entschiedenen Ausgestaltung seiner Eigen­art erhalten und entfalten kann.“7

    Dieser gemäßigten Einstellung entsprechend wurde er 1949 in einem Entnazifizierungsverfahren von der Spruchkammer Frei­burg als „Minderbelasteter“ eingeordnet und nach einem Beru­fungsverfahren 1951, in dem Vertreter der Universität Freiburg vortrugen, Günther habe sich in seiner Rassenkunde an Grenzen gehalten, die auch von Gelehrten dieses Zweiges der Wissen­schaft anderer Staaten eingehalten worden wären, sogar lediglich als „Mitläufer“ eingestuft. Auch nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft sah der am 25. September 1968 in Freiburg verstorbene Günther keine Veranlassung, seine Theorien zurückzuziehen.

    Eine Neuauflage des Klassikers „Kleine Rassenkunde des Deutschen Volkes“ ist soeben im Forsite-Verlag erschienen. Anders als andere Werke über Vorgänge zum Dritten Reich oder die Judenpolitik des Nationalsozialismus, die frei verkäuflich auf Amazon sind, wurde dieses Buch aus dem Angebot verbannt – auch dies unterstreicht die Bedeutung der Rasse in heutiger Zeit!

    Anmerkungen

    1) Günther: Rassenkunde des deutschen Volkes. München 1935, S. 66
    2) Die um 6000 v. Chr. bestatteten, die männliche Y-Haplogruppe I2a auf­weisenden Menschen aus dem schwedischen Motala, wiesen überwie­gend helle Haut, Haare und Augen auf, besaßen aber keinen ausgepräg­ten Langschädel. Die klassische „nordische Rasse“ indes scheint sich als eine Mischung fälischer und westisch-mediterraner Rassenmerkmale zu erweisen, die seit 5000 v. Chr. in Berührung standen.
    Für die „nordische“ Unterrasse - verbudnen mit Y-Haplogruppe I 1, käme ein Isolat im vorzeitlichen Skandinavien in Frage.
    3) Siehe u.a. https://www.deutschlandfunk.de/persoenlichkeitsentwick-lung-rolle-der-gene-bislang.1148.de.html?dram:article_id=393736.
    4) Siehe Günther: Kleine Rassenkunde, S. 142.
    5) Siehe ebenda, S. 78 f.
    6) ebenda, S. 138.
    7) Günther: Rassenkunde des Jüdischen Volkes, S. 73.

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